Jubiläumsausstellung «EinBlicke» im Rahmen von 150 Jahre Unterstrass Zürich

Mit einer ganzen Klasse im Rahmen einer Studienwoche vor Ort forschen ? Ja, das geht und macht auch noch Spass ! Hier der Erfahrungsbericht von Geschichtslehrer Lukas Strub vom Gymnasium Unterstrass in Zürich :

Die Ausstellung gab in über 30 Plakaten, in Filmen und einer Installation anhand von Zitaten, Bildern, Anekdoten und Interviews Einblicke in die Freuden und Sorgen von 150 Jahren lernen, lehren und leben an Unterstrass. Was lange das «Evangelische Lehrerseminar Unterstrass» hiess, ist heute Gymnasium und Institut Unterstrass an der PHZH.

Die Archivrecherche

Das Erarbeiten dieser Ausstellung war ein «Grabe, wo Du stehst»-Projekt in Reinkultur: Im Rahmen einer Studienwoche im Juni 2018 hat eine Klasse unter der Leitung ihres Geschichtslehrers, der Englischlehrerin und der Archivarin Recherchen im hauseigenen Archiv vorgenommen. Aufgelockert wurde die Woche durch sehr anregende Inputs einer SRF-Moderatorin und eines Ausstellungsmachers. Von ungeordneten Fotoschachteln über ab den 1870er Jahren entstandenen Wochenprotokollen bis zu Bauplänen und Jahresberichten wurde Material ausgewählt und zusammengetragen und in eine grobe thematische und zeitliche Ordnung gebracht. Daneben wurden das NZZ-und Tages-Anzeiger-Archiv bearbeitet. Noch wusste niemand, wohin das führt. Im Vornherein festgelegt wurde nur die Idee, wenn möglich pro Zeitabschnitt von fünf Jahren ein Plakat zu gestalten. Die Idee erwies sich bald als realistisch und so bildeten sich Teilgruppen, welche die Rohdaten für jeweils ein oder mehrere Plakate bereitstellten. 

Das oral history-Projekt

Parallel dazu hat eine andere Teilgruppe die im Vorfeld vereinbarten Interviews mit Ehemaligen vorbereitet und in der zweiten Wochenhälfte durchgeführt. Das Konzept da war, aus jedem Jahrzehnt eine InterviewpartnerIn zu gewinnen. Von einer Profifilmerin begleitet, entstanden daraus schlussendlich acht nach einem Überthema zusammengeschnittene Kurzfilme.

Die Einbettung in die Geschichte

Damit die Geschehnisse rund ums Seminar Unterstrass nicht im luftleeren Raum dastanden, erarbeitete eine andere Teilgruppe einen über alle Plakate durchlaufenden Zeitstrahl, der die drei Ebenen «Welt», «Schweiz» und «Zürich» enthielt, zu diesen wurden je zentrale Ereignisse vermerkt.

Die Plakatgestaltung

Nach den oben beschriebenen Schritten war die Arbeit im Fach Geschichte abgeschlossen und die Rohdaten wurden im November 2018 den Lehrkräften im Fach Bildnerischens Gestalten übergeben und mittlerweile wurde auch klar, dass die Plakate ein Thema herausgreifen sollen, das sich lose zeitlich anbinden lässt. Sodann wurden im Rahmen der Unterrichtsreihe «digitale Bildbearbeitung» die Plakate nach einem vorgegebenen Gestaltungskonzept von zwei Schwerpunktfachklassen gestaltet. Als etwas erschwerend erwies sich die unvermeidbare Tatsache, dass etliche SchülerInnen mit der Gestaltung betraut waren, die sich nicht schon inhaltlich mit der Thematik befassten.

Die Installation

Als zusätzliche Installation umfasste die Ausstellung einen sogenannten «Direktorentalk». Aus lauter Jahresberichtzitaten zusammengeschnipselt erstellten wir einen fiktiven Dialog zwischen sprechenden Cartoon-Figuren, die je einen der (nur!) sechs Direktoren der Unterstrass-Geschichte darstellten. Nach sieben Themen geordnet, konnten die AusstellungsbesucherInnen mittels Knopfdruck die Direktoren mit ihren sich synchron bewegenden Mündern sprechen lassen. Die Realisierung lag in den Händen unseres technikbegeisterten Hauswarts. Die Inhalte hat der Geschichtslehrer beigesteuert.

Fazit

Die Schülerinnen und Schüler machten die Ausstellung rasch zu ihrer Sache und haben sich mit enormem Elan eingesetzt. Sie haben das Projekt sehr spannend gefunden und viel herausgefunden, was sie ins Staunen versetzte: Zum Beispiel, dass strenge Kleiderordnungen bestanden und die Studierenden samstags im Garten arbeiten mussten, um sich selbst mit Gemüse zu versorgen. Küssen war verboten, ein Geschichtslehrer bekennender Nazi. Und gewisse Themen wie die ständigen Geldsorgen oder die Positionierung als evangelische und nichtstaatliche Schule ziehen sich durch die 150jährige Geschichte bis heute durch. Auch war die Schule keine Insel: Europaweite Fieber-Epidemien wüteten auch am Seminar, sodass ein Krankenzimmer eingerichtet werden musste und nicht verhindert werden konnte, dass ein Schüler starb.

An diesem interdisziplinären Projekt waren alles in allem rund 80 Personen beteiligt, es gab viele inhaltliche, formale und technische Schnittstellen – umso erfreulicher, dass es ganz ohne Reibereien und Terminknappheit umgesetzt werden konnte. Und die Hauptakteure waren jederzeit die Schülerinnen und Schüler.

Lukas Strub, Geschichtslehrer am Gymi Unterstrass