Drei Preisträgerinnen der Wettbewerbsrunde 2017-2019 geben Tipps zur historischen Spurensuche:
«Interview» mit Sophia Koll
«Engagierte BDM-Mädels – Eine Analyse persönlicher Motive für eine Mitgliedschaft im Bund Deutscher Mädel anhand von Originalquellen» – Dieser Titel mag auf den ersten Blick sicher abschreckend wirken. Darüber habe ich mir auch lange Gedanken gemacht, doch nachdem mir ein Schulkollege den Titel seiner Maturarbeit gezeigt hatte, fühlte ich mich gleich nicht mehr so schuldig – wir waren während der Arbeitsphase alle kleine Experten geworden, da durften unsere Titel das auch ruhig zeigen.
Davon zu sprechen, wie ich das Thema der Arbeit gefunden habe, wird der Tatsache nicht gerecht, dass das Thema eher mich gefunden hat. Schon im Untergymnasium war mir klar, dass meine Maturarbeit sich in irgendeiner Weise mit dem Nationalsozialismus beschäftigen würde. Die Frage, wie «so etwas» passieren konnte, stellte ich mir bereits seit ich «Als Hitler das rosarote Kaninchen stahl» in der 6. Klasse für einen Buchvortrag gelesen hatte. Ein Unterthema für eine Maturarbeit zu finden war nur noch ein Luxusproblem.
Ausgestattet mit einer groben Idee, wonach ich suchen musste, machte ich mich also auf ins Archiv. Es war natürlich nicht nur ein Archiv, es waren mehrere – aber sie sind eigentlich alle gleich: staubig, etwas düster und sobald man als Gymischüler über die Türschwelle tritt, senkt man den Altersdurchschnitt im Raum gleich einmal um einige Jahrzehnte – von den Anfahrzeiten ganz zu schweigen. Wenn man aber endlich vor einem Stapel alter Dokumente sitzt, merkt man, dass sich der Aufwand auf jeden Fall gelohnt hat. Recherchearbeit ist deswegen so faszinierend, weil man nicht weiss, worauf man sich einlässt. Es gibt kein Abstrakt, kein schön gegliedertes Inhaltsverzeichnis, sondern man muss sich selbst seine eigenen Informationen heraussuchen – und stösst dabei manchmal sogar auf echte Schätze.
Wer jetzt gedacht hat, dass mit Verlassen der staubigen Räume der schwerste Teil der Arbeit geschafft ist, hat sich mächtig geirrt. Natürlich braucht es einiges an Durchhaltevermögen, sich einen Nachmittag lang von der Aussenwelt abzuschotten, aber kompliziert wird es erst dann, wenn man die Flut von Informationen aus Fachliteratur und Quellenmaterial zu einem stimmigen – oder eben nicht stimmigen! – Bild zusammenbasteln muss. Auch all diese Gedanken dann in korrektem Deutsch zu formulieren, ist kein Zuckerschlecken.
Müsste ich nochmals eine Arbeit mit ähnlichem Umfang schreiben, so würde ich mir auf jeden Fall ein Thema vornehmen, dass mich ebenfalls so starb fasziniert. Die Arbeitsmoral steigert sich ungemein, wenn man etwas erfahren will und nicht muss. Ausserdem lohnt es sich, Recherchen, Textabschnitte und Ähnliches kontinuierlich abzuarbeiten, Auswertungen und eigene Schlussfolgerungen aber in einem kleinen Zeitraum durchzudenken und zu Papier zu bringen.
Und ja! Zwischendurch muss man in den sauren Apfel beissen und hier und da noch einige Stunden Zeit mehr investieren. Es lohnt sich in den meisten Fällen aber ungemein!